Jetzt mal ehrlich, liebe Headhunter da draußen, denkt Ihr eigentlich auch mal ein bisschen nach, bevor Ihr Eure Mails bei LinkedIn, Xing und wie sie alle heißen ab in den Äther streut? Manchmal scheint mir die Antwort auf diese Frage ja ein klares und deutliches NEIN zu sein. Da mir das immer wieder passiert, dass ich von Headhuntern mit sagen wir mal recht unzureichenden Anschreiben beworfen werde und weil ich schon länger nicht geblogged habe :), hier mal ein paar Zeilen dazu.

Zunächst einmal: ich gehe davon aus, dass Ihr mich wollt. Immerhin schriebt Ihr mich an und nicht umgekehrt. Dann gehe ich allerdings ebenfalls davon aus, dass Ihr Euch vorab über mich informiert habt, denn immerhin beginnen Eure Anschreiben ja meist mit der wunderbaren Floskel “I’ve read your profile and was very impressed” oder dem ebenfalls wohlklingenden und egostreichelnden “I’ve read your profile and must say you fit all requirements, you’d be perfect for a role in […]”, also gehe ich Narr davon aus, dass Ihr Euch mein Profil auch wirklich angeschaut habt und die Entscheidung, mich anzuschreiben, eine aktive Entscheidung für mich war und nicht nur ein bloßes Feststellen hinreichender Übereinstimmungen mit Eurem Suchscript nebst automatischen Anschreibens in einem solchen Falle. Ja, ich weiß…ich Narr.

Ausgehend von dieser Prämisse möchte ich Euch ein paar einfache Tips mit auf den Weg geben, wie Ihr mich – und da ich sowas wie ein Joe Average bin, vermutlich noch ganz viele andere – interessiert bekommt, denn offenbar habt Ihr genau keine Ahnung davon, wie das geht.

Ihr sagt, Ihr wollt mich? Dann lasst mich das spüren!
Ganz einfach zu begreifen, sollte man meinen, nicht? Offenbar weit gefehlt. Mir ist schon klar, dass Headhunting ein hartes Geschäft ist, niemand wartet auf einen und wer zuletzt kommt, den bestraft die Konkurrenz und so weiter und so fort. Trotzdem…a little appreciation goes a long way. Die 2-3 Minuten extra, um dem Standardtext den Anstrich von “We Want YOU!” zu geben, sollte man investieren. Tut kaum weh, kostet Euch nur 2-3 Minuten pro Opfer, um kurz das Profil zu überfliegen und 3,4 Sachen in den Text aufzunehmen, die zumindest den Anschein erwecken, dass Ihr es auch wirklich gelesen habt und kann Euch im Zweifel tatsächlich zumindest mal Gehör und Interesse bringen. Das ist die halbe Miete für Euch und vielleicht nicht ganz so unwichtig, wie Ihr zu glauben scheint!

Sex sells. Money sells even more.
Wieso ich diesen Abschnitt mit “Sex sells.[…]” überschreibe? Naja, vielleicht ist das nur mein persönlicher Eindruck und völliger, absurder Unfug, aber es muss schon einen Grund haben, dass die meisten Headhunter, die mich in den letzten 2-3 Jahren angeschrieben haben, niedlich aussehende Blondchen oder Brünettchen mit schickem Haar, nettem Lächeln und insgesamt freundlichem , flirty Look im Profilbildchen waren, oder? Gut, da war hin und wieder ein Kerl dazwischen, aber die meisten Headhunter waren dann doch weiblich und offenbar der Ansicht, ein flirty Look und ein flirty Auftreten brächten sie weiter. Newsflash: wenn Euer Anschreiben ansonsten nichts Interessantes enthält, hilft Euch das auch nicht. Mehr Angaben zur Position, zur Gehaltsrange, ob es bei der Firma irgendwelche Benefits, Social programmes oder dergleichen gibt, etc., das alles wäre weitaus interessanter.

Noch ein paar Ratschläge für die Zukunft
Ich glaube natürlich nicht ernsthaft daran, dass diesen Blogpost hier jemals einer derjenigen, über deren Unfähigkeit ich mich darin auslasse, lesen wird. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass doch, möchte ich noch ein paar unsortierte, abschließende Gedanken und Ratschläge hinterlassen. Wenn Ihr jemanden anschreibt, der bereits mehrere Jahre bei seiner aktuellen Firma auf dem Buckel hat – in meinem Fall sogar deutlich mehr, als normalerweise in der Branche üblich – und ernsthaft wollte, dass der an Euch interessiert ist, solltet Ihr nicht erwarten, dass der nach einem lapidar dahingewürfelten 8-Zeiler Feuer und Flamme für Euch ist und ohne jedwede weitere Information sofort daran denkt, die Sicherheit seiner aktuellen Stellung gegen etwas einzutauschen, das genauer zu beziffern Ihr entweder unfähig oder unwillens seid.

Let’s face the facts…jemand, der seit sagen wir 9 Jahren bei seiner aktuellen Firma ist und jährlich sagen wir 40k macht, wird sich nicht für weniger oder gar “Wenn Dir unser PR Video gefällt, dann sag uns das, dann rufen wir Dich die Tage mal an zwecks weiteren Beschnüffelns” überhaupt die Denkfinger schmutzig machen, sondern Eure Mail unbeantwortet ins Datennirvana befördern. Was ist daran so schwierig, eine Gehaltsrange gleich initial mitanzugeben? Wisst Ihr selbst nicht, was Ihr mir zahlen wollt? Oder müsst Ihr zunächst mit tollem PR Video davon, wie super familär und locker und toll doch alles bei Euch ist, davon ablenken, dass der ganze Spaß leider auf Kosten eines vernünftigen Gehalts geht und Ihr Euch tatsächlich ein bisschen für die angebotene Gehaltsrange schämt und sie deswegen gar nicht erst nennen wollt? Irgendwas muss doch der Grund sein.

Ich verstehe schon, dass all das, was ich bemängele, common practice ist. Was ich anzweifle, ist, dass es auch best practice ist. Mir ist klar, dass dieses “blind recruiting” sehr gut funktioniert. Ich bin nur der Ansicht, dass gezieltes Recruiting mit gezielter Ansprache und seriösen Angeboten besser funktioniert. Ob man durch dieses “blind recruiting” wirklich die Mitarbeiter findet, die man möchte und braucht, wage ich persönlich stark zu bezweifeln und bin fest davon überzeugt, dass es sinnhafter wäre, sich die Mühe zu machen, “den” Angestellten zu suchen, statt einfach irgendwelche und dann solange die Spreu vom Weizen zu trennen, bis man irgendwann mal alle durchiteriert hat und was halbwegs Passendes behalten konnte.

Aber mit der Ansicht stehe ich wahrscheinlich ganz schön alleine auf weiter Flur. Seis drum, kenn ich ja schon 🙂 Ich geh dann mal wieder ein paar Dutzend Spam Mails aka “Recruiting” löschen.

 

Von badidol

badidol wurde 1981 geboren. Er arbeitet seit fast 20 Jahren im und am Internet als Community Manager (fast 15 Jahre beim selben Arbeitgeber), Social Media Manager, Moderator und verkauft dabei Eskimos Kühlschränke. Er spricht fließend Sarkastisch. In der Jugend linke Socke, als junger Erwachsener eher sozialliberal und mittlerweile von konventionellen Schubladen genervt. Atheist, Pragmatiker und Realist.

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